380 Tage….

…leben wir jetzt auf dieser Insel und damit ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen:

Zunächst einmal haben wir ein wirklich schnuckeliges, kleines kreolisches Häuschen gefunden. Im Sommer hatten wir das Glück, durch Zufall  die Besitzer kennen zu lernen und als diese uns eröffneten, dass sie die Insel verlassen werden, schlugen sie uns vor hier einzuziehen. Wir fühlen uns hier richtig zuhause und genießen jeden Tag.

Unser Sohn geht auf eine französische, staatliche Schule und lernt unheimlich schnell Französisch. Er ist gut integriert und hat sich super eingelebt. Als zweite Fremdsprache hat er Spanisch und Englisch kann er ja sowieso schon sehr gut. Auf dem Schulhof wird viel Englisch gesprochen, manche Mitschüler sprechen auch Kreol und gleich nebenan -auf der holländischen Seite der Insel- wird auch noch Holländisch oder Papiamento gesprochen. Er lernt mit vielen anderen Kulturen, Sprachen und Nationalitäten friedlich zusammen zu leben – eine Erfahrung fürs Leben.

Meine Fortschritte in Französisch beschränken sich leider noch immer auf Grundbegriffe und das blosse Verstehen, worum es inhaltlich ungefähr geht. Jeden Morgen übe ich online meine Lektionen, aber richtig Französisch sprechen wird sicher noch dauern, zumal die meisten Franzosen, mit denen wir Kontakt haben, alle Englisch sprechen und wir dann -zur besseren Verständigung- schnell im Englischen landen. Wenn dann mal eine Vokabel fehlt, wird das Wort einfach in der Muttersprache eingefügt und irgendwie verstehen dann Franzosen auch Deutsch und umgekehrt.

Es ist überhaupt kein Problem, ob jemand Englisch mit chinesischem, holländischem oder indischem Akzent spricht, oder ob es der „local style“ ist. Man verständigt sich und alle sind immer bemüht und offen, auch wenn es grammatikalisch oder von der Aussprache her vielleicht nicht perfekt ist. Hier leben über 120 verschiedene Nationalitäten auf engstem Raum, die auch unterschiedliche Religionen und Traditionen leben. Gelebte Toleranz auf 87 km2. Alles easy!

Die Menschen hier leben zum größten Teil vom Tourismus und die Kundschaft wird hart umworben. Hier und da entsteht leider auch „Futterneid“ und man gönnt dem anderen seine Kundschaft, bzw. sein Geschäft nicht, oder nur, wenn für einen selber mindestens eine Kommission rausspringt, d.h. ich empfehle Dich nur, wenn Du mir etwas dafür gibst.

Hier ist es wichtig, wen man kennt, wer Dich kennt und mag, wer Deine Arbeit schätzt und welchen Ruf Du hast. So eine Insel ist klein und Gutes spricht sich rum, aber Schlechtes sicher noch schneller….

Wir sind sehr diszipliniert, fleißig und zuverlässig und das scheint sich jetzt schon rumzusprechen, denn die ersten Kunden, wenden sich an uns mit den Worten, sie hätten gehört, dass wir zuverlässig und gut sind. Das freut uns natürlich und unser Konzept geht auf – mittlerweile haben wir unser Marketing Business mit einigen sehr wichtigen Kunden gut erweitern können.

Viele Europäer, die hierher ausgewandert sind, bzw. auswandern erliegen leider auch leicht den Versuchungen dieser Insel. Jeden Tag Sonne, Strand, Palmen und überall Parties…. Zigaretten, Alkohol und vieles andere sind hier sehr günstig und man bekommt hier an jeder Ecke alles und der Umgang damit ist sehr relaxed. Wer da nicht aufpasst, kommt leicht unter die Räder und am Monatsende wird es dann auf schon schwierig, die Miete zu zahlen.

Die Insel und ihre knapp 40 Strände sind wirklich paradiesisch. Hier kann man sich gar nicht satt sehen an Sonnenauf- oder untergängen, an türkisem Meer, weißen Sandstränden und blauem Himmel. Es ist das ganze Jahr über zwischen 28 und 32 Grad und wenn es – so wie diesen Sommer- immer mal regnet, ist die Insel wunderschön grün.

Die Menschen hier haben die Ruhe weg – sie sind so entschleunigt, dass man manchmal denkt, „wie geht das?“. Noch immer sind wir umtriebiger und ungeduldiger als die meisten hier, weil wir Dinge bewegen und erledigen wollen, aber manches braucht einfach nur etwas Zeit und fügt sich dann doch.

Unsere Inseltouren werden auch sehr gut gebucht. Wir haben an einigen Tagen bereits „Stop“ sagen müssen, weil wir sooo viele Anfragen hatten. Wir haben sehr viel Freude daran, deutschen Urlaubern die Insel zeigen zu dürfen und hoffen immer, dass sie genauso begeistert von der Insel sind, wie wir und vielleicht nochmal wiederkommen werden, um hier länger Urlaub zu machen.

Beim Blick auf die weltpolitische Lage sind wir froh, dass wir hier so weit ab vom Schuss sind und die Entwicklungen aus der Ferne beobachten und nicht vor Ort leben.

Hier auf der Insel haben wir zwei Länder, auf der Nachbarinsel Anguilla das dritte Land und jedes dieser Länder hat ein eigenes Steuer- und Finanzsystem. Die Insel hat viele Handelspartner und wird täglich aus den USA, Südamerika, Europa und China beliefert. Selbst wenn einer dieser Vertriebs- und Versorgungswege ausfallen würde, oder eine der Währungen Probleme bekommen würde, hätte man hier Alternativen.

Durch den internationalen Flughafen und den Flughafen auf der französischen Seite der Insel, besteht jederzeit die Möglichkeit, die Insel schnell zu verlassen und in alle Welt zu fliegen. Ferner legen täglich Schiffe aus aller Welt hier an und der Seeweg bleibt einem auch jederzeit offen.

Die Nachbarinsel St. Barth, die ein Mekka für die Eliten und Promis aus aller Welt ist, wird durch St. Maarten | St. Martin versorgt, d.h. alle Privatflieger und Megayachten landen hier und St. Barth wird von hier aus auch logistisch versorgt, d.h. alles, was dort gegessen, bzw. gekauft werden kann, kommt über St. Maarten | St. Martin rüber nach St. Barth.

Auf St. Barth besitzen Russen, wie Abramovic und Amerikaner, wie die Rockefellers Grundstücke und sind friedliche Nachbarn, feiern gemeinsam und machen gemeinsame Geschäfte. Dieses Paradies hier werden sie sich ja wohl nicht kaputt machen wollen….

Wir meinen, dass wir nichts falsch machen, hier unseren Lebensmittelpunkt zu haben. Weder aus wettertechnischer, noch aus weltpolitischer Sicht und die Menschen hier sind einfach so entspannt, so freundlich und hilfsbereit, wie wir es aus Deutschland leider nicht kennen.

Fazit: Wir sind absolut begeistert und bleiben hier!

2016-10-13-09-23-22


3 Gedanken zu “380 Tage….

  1. Wir sind erst dieses Jahr in die USA ausgewandert, aber nachdem ich jetzt deinen Blog zum groessten Teil gelesen habe, und mit der Wahl, die uns bevor steht, frage ich mich gerade, warum ich nie darueber nachgedacht habe, dass St. Maarten/ St. Martin ja europaeisch ist. Wenn hier alle Stricke reissen kommen wir auch 😉 Ich moechte nicht mehr ohne Strand leben.
    Liebste Gruesse aus North Carolina
    Mel

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